Bullaugenkonzert # 83 – GUY MANDON (CH)

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präsentiert von BRUCHTEIL  –  Das Format im Foyer widmet sich jeweils am ersten Mittwoch im Monat den ruhigen Tönen der Schweizer Musiklandschaft. Das grosse Fenster wird für einen Abend zur Bühne, der Durchblick zur Strasse eine Lichtshow. Zerbrechliche Momente mitten in der Woche.

 

„S’ Läbe isch en Stream […] mir sind dinne, zämme dinne“ singt Guy Mandon auf dem Titeltrack seines Albums „Stream“. Es ist das Debüt des Wahlbaslers Lucien Montandon, der bereits mit der Band ALT F4 und dem Soloprojekt OCTANONE Musik veröffentlichte und durchs Land zog. Über zwei Jahre lang arbeitete Guy Mandon an „Stream“ und beschreibt das Ganze als Lernprozess in Sachen Produktion, Detailverliebtheit und Geduld.

Überhaupt ist das Album mehr als nur eine Ansammlung von elf Songs, sondern beschreibt, wie der Titel schon verrät, Veränderung, Weiterentwicklung und Wechsel im Leben. „Stream“ kann dabei als «stream of life», «stream of consciousness» oder auch als «live-stream» gedeutet werden – immer im Jetzt, immer live ohne Zwischenspeicher oder Redo-Taste.

Dass Guy Mandon seinen modernen Electro-Pop mit Mundarttexten versieht, ist nur eine weitere Konsequenz dieses Konzepts: Schweizerdeutsch ist unmittelbarer, direkter. Die Schweizer Mundart-Szene tendiert bis auf wenige Ausnahmen sowieso zur Unhörbarkeit – frischer Wind schadet also gar nicht und wenn man dabei noch auf ein paar Füsse tritt und diese zum Tanzen anregt, dann entspricht das voll und ganz Guy Mandons Verständnis vom lauthals singenden Mundart-Popper, der so gar nicht kompromissbereit ist und in seinen Texten so viel Doppeldeutigkeit und lyrische Rhythmik einbaut, dass ihm eine ganze Sprache und ein unverwechselbarer Duktus zu Eigen wird. Nachdem in Österreich derzeit Ähnliches passiert, sind Bilderbuch-Vergleiche natürlich nicht weit. Die nimmt Guy Mandon aber gelassen und sieht sie als Kompliment für seine Eigenständig, in musikalischer und textlicher Hinsicht.

Diese Eigenständigkeit schlägt sich in einer riesigen Bandbreite an fein ausgetüftelten Songs, Texten und Sounds nieder, und so findet man auf „Stream“ so ziemlich alles, was das anspruchsvolle Mundartherz begehren dürfte: Einen Schweizer Prince (z.B. «Kokosfett», «D’Gülle Vom Schraner»), industrielle Elektronik («Chriesiland»), richtig richtig runde Popsongs («Lueg Doch Gnau») und sogar experimentelle Ambient- und Noisecollagen von eindrücklicher Kraft und Ambition («Planets», «You»).

Es ist ein Album, das, obwohl auf Schweizerdeutsch, eigentlich zu gross ist, um nur in der Schweiz zu bleiben. Trotz oder gerade wegen etwaiger Sprachbarrieren sind die unmittelbare Präsenz der Songs, die Genauigkeit der hervorgerufenen Emotionen und die spielerische Leichtigkeit so verblüffend, dass sie jedem, egal welcher Herkunft, Nation und Altersgruppe zugehörig, verständlich werden. Mit diesem Album beschreibt Guy Mandon das Zurückfinden und die Rückbesinnung auf den eigenen Lebensweg, der Teil des „Streams“ ist – «Zrugg Zo Dem». Wann ist man glücklich, wann fühlt man sich lebendig? In Guy Mandons Fall ist die Antwort recht klar formuliert: Wenn Musik im Spiel ist; und man kann nur hoffen, dass er diesem „Stream“ noch einige Zeit folgen wird.

 


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